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Automotive 4.0 - Eine Branche im Umbruch Teil 3

Kundenverhalten im Kaufprozess verändert die Spielregeln

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Welchen Einfluss hat die Digitalisierung auf das Verhalten der Kunden beim Autokauf?

Spannende und herausfordernde Zeiten sind für die Automobilhersteller und Händler angebrochen. Neben Konnektivität, autonomen Fahren und E-Mobilität hat die COVID-19-Pandemie die Aufmerksamkeit der Branche auf einen neuen Trend gelenkt: den Online-Verkauf von Autos.

Ein Autokauf ist für viele eine sehr persönliche und emotionale Angelegenheit, die bisher stark durch den direkten, physischen Kontakt zum Autohändler geprägt war. Aktuell, auch bedingt und maßgeblich beschleunigt durch die Corona-Pandemie, wickeln viele Verbraucher ihre Käufe des täglichen Lebens lieber online ab, auch um den persönlichen Kontakt zu vermeiden.

Trifft das aber auch auf den Prozess beim Autokauf zu?

Die Digitalisierung als wesentlicher Treiber im gegenwärtigen Wirtschafts- und Gesellschaftssystem verändert auch in der Automobilbranche Produkte sowie Prozesse. Doch während Kunden bereits Bücher, Schuhe und viele weitere Produkte online kaufen, ist der Kauf- bzw. Verkaufsprozess von Fahrzeugen bisher wenig digitalisiert.

Zur Begriffsdefinition ist zu vermerken, dass unter „Online Sales“ ein rechtswirksamer Kaufabschluss im Internet durch zwei übereinstimmende Willenserklärungen definiert ist, welche wiederum über die Betätigung eines „Kauf-Buttons“ zustande kommt.

Somit gilt das Inserieren von Fahrzeugen in einschlägige Fahrzeugbörsen wie z. B. „mobile.de“ noch nicht als Online Sales.

Im weltweiten Vergleich gibt es bereits Unternehmen, die Fahrzeuge online vertreiben, so z. B. Tesla oder Carvana. Auch in Deutschland ist dieser Trend immer deutlicher zu spüren und insbesondere im Bereich Leasing gibt es Anbieter, die bereits Online-Kaufabschlüsse ermöglichen. Der Verkauf von Autos über das Internet zieht auch Akteure aus anderen Branchen wie der Informationstechnologie an. 

Beispielsweise Unternehmen wie Amazon und Google, die eine hohe Expertise in der Nutzung von kundenbezogenen Daten haben, können durch innovative Konzepte und ohne nötige Rücksicht auf vorhandene Partnerschaften einen Geschäftsbereich wie den Automobilvertrieb merklich in Bewegung setzen. Beispielhaft für erste Eintrittsversuche ist der Verkauf von Fahrzeugen über die Amazon-Plattform.

Grundsätzlich hat durch die derzeitige „Zwangsisolation“ der Bevölkerung die Bedeutung des Internets bei der Informationssuche auch für Autokunden zugenommen. Vor allem Autoportalen, Hersteller-Webseiten, Bewertungen anderer Kunden und sozialen Netzwerken wird kundenseitig mehr Bedeutung beigemessen. Laut einer Trend-Tacho-Studie haben rund 60 Prozent der Neuwagenkäufer bereits vor dem Kauf ganz konkrete Vorstellungen, welche Marke und welches Modell sie besitzen möchten. Sie konfigurieren bereits online ihr Wunschauto, vergleichen Preise und beteiligen sich aktiv an Foren und Blogs.

 Dennoch bleibt zugleich das direkte Erleben eines Fahrzeugs für den überwiegenden Teil der Befragten wichtig. Autohäuser seien deshalb mehr denn je gefordert, Meinungsfindung im Internet und das hautnahe Erleben von Autos besser zu verzahnen. Nach Ansicht des Meinungsforschungsinstituts Puls dürfte eine von Corona ausgehende Digitalisierung der Verkaufsprozesse einen weiteren Selektionsprozess im Automobilhandel einleiten, bei dem nicht unbedingt die Großen die Kleinen, sondern die Schnellen die Langsamen schlagen.

Deshalb ist genau jetzt der richtige Zeitpunkt für Automobilhersteller und -händler, ihre Verkaufsprozesse weiterzuentwickeln, um ihren Kunden eine nahtlose und personalisierte Customer Journey bieten zu können.

Wie informieren sich potenzielle Kunden über ihr Wunschauto und welche Auswirkungen hat diese Entwicklung auf das Kaufverhalten der Kunden?

Beim Autokauf durchlaufen die Kunden im Rahmen der Customer Journey fünf verschiedene Phasen. Zunächst wählen sie ihre präferierten Marken, Modelle und Ausstattungsmerkmale aus und begrenzen ihre Selektion im Anschluss meist auf vier unterschiedliche Marken. Nach intensiver Recherche folgen in der Regel der Besuch des Händlers sowie gleichzeitig das Vereinbaren eines Termins zur Probefahrt. Parallel erkundigen sich Interessierte weiterhin online und fragen vermehrt ihr Umfeld wie Bekannte, Verwandte, Freunde oder Arbeitskollegen nach ihren Erfahrungen und ihrer persönlichen Meinung. 

Abschließend werden die näheren Zahlungsdetails besprochen, bevor der Kauf getätigt wird. Laut Google berücksichtigen Privatkunden zu Beginn durchschnittlich 14 Automobilmarken, nur 6 davon kommen in die engere Auswahl und von zwei Marken hängt letztendlich die Entscheidung ab.

Die Customer Journey der Kunden - Phasen des Kaufprozesses

Verkaufsprozess Customer Journey Automotive
Eigene Abbildung

Bei der Suche nach einem neuen Fahrezug nutzen interessierte Käufer diverse Informationskanäle. Eine Google Studie zeigt, dass potenzielle Autokäufer während des Kaufprozesses 900 Touchpoints, davon 497 vor dem Kauf durchlaufen.

Die prozentuale Verteilung sieht dabei wie folgt aus:

Interaktionen mit verschiedenen Herstellerseiten
37%
Suchen bei Google
28%
Bilder
18%
Interaktionen mit verschiedenen Händlerseiten
14%
Videos bei YouTube
3%

Die Studie zeigt weiterhin, dass rund 71 Prozent der Touchpoints mobil erfolgen. Bei den sozialen Netzwerken werden Facebook, Whatsapp, Instagram, Twitter und Snapchat bevorzugt. In der Regel nutzen Interessierte aber nicht nur Facebook oder Twitter, sondern mehrere Quellen bei der Recherche. Bei Autokäufern über 55 Jahren gilt das persönliche Gespräch mit 96 Prozent als unangefochtener Sieger bei der Informationsbeschaffung.

stacy car buying journey

Der gesamte Kaufprozess hat sich in nur einem Jahr von 10 auf 6 Wochen verkürzt, und inzwischen hat fast ein Drittel (29 %) der Käufer mindestens einen Schritt des Kaufprozesses online abgeschlossen. Etwa ein Viertel der Neuwagenkäufer durchlief die Informations- und Auswahlphase in nur maximal fünf Tagen. Bei 13 Prozent der Befragten betrug die Zeit bis zum Vertragsabschluss sechs bis zehn Tage. Zum Vergleich: 2010 waren es durchschnittlich noch 35 Tage.

Welche Anforderungen haben die Kunden an den Online-Fahrzeugkauf?

Der Kunde hat spezielle Anforderungen. So wünschen sich die Kunden laut einer Studie des BMWI einen garantierten Preisvorteil, die Möglichkeit über den Preis zu verhandeln und eine schnelle Verfügbarkeit des neuen Fahrzeugs. Eine Preissensibilität des Kunden ist deutlich erkennbar, obwohl zu beachten ist, dass dies auch beim physischen Fahrzeugkauf der Fall ist. Das Kundenbedürfnis der freien Wunschfahrzeug-Konfiguration steht den vorhergegangenen Bedürfnissen insofern als Herausforderung entgegen, als dass sich durch Individualisierung die Lieferdauer verlängert und der Kostenaufwand erhöht wird.

Was sagt die Automobilbranche zu diesen Entwicklungen und welchen Herausforderungen muss sie sich stellen?

Automotive News sieht die Marktdurchdringung von onlinebasierten Vertriebskanälen mehrheitlich steigend und schätzt, dass im Jahr 2030 der Anteil dieser Vertriebswege bis zu 50 % des Absatzes ausmacht. Sich verändernde Kundenanforderungen zwingen den Handel in diesen Absatzkanal zu investieren. Nur wenige Händler halten digitale Vertriebskanäle für nicht zukunftsträchtig und begründen dies mit den zu komplexen Anforderungen der Kunden, beispielsweise mit dem hohen Individualisierungswunsch. Aus der Notwendigkeit zur Anpassung an die Bedürfnisse des Kunden wächst jedoch auch die Sorge um den Verlust des direkten Kundenkontakts. 

Diese Art der Kommunikation verlagert zum einen den Touchpoint vom Händler zum jeweiligen Betreiber der Plattform, zum anderen sieht der Handel seine bereits niedrigen Erträge im Verkauf durch Online Sales bedroht. Neue Technologien wie Virtual Reality, die von den Kunden gewünscht werden, stellen eine zusätzliche technische und finanzielle Herausforderung dar.

Wie wir unsere Kunden im Vertrieb unterstützen?

Welche Chancen eröffnen sich dem Handel durch die Nutzung digitaler Vertriebskanäle?

Durch eine aktive Besetzung des digitalen Absatzkanals kann dem Eintritt von neuen, branchenfremden Drittanbietern entgegengewirkt werden. Der Kunde sieht den Handel und den Hersteller auch im automobilen Verkauf weiterhin als den Ansprechpartner Nummer Eins. Wird jedoch der Vertrauensvorschuss des Kunden nicht genutzt und dessen Wunsch nach Online-Lösungen (Omnichannel Customer Journey) nicht erfüllt, ist der Kunde heute – mehr denn je – geneigt, etablierte Handelswege zu verlassen.

Digitalisierung ist ein enormer Treiber für die Entstehung innovativer Geschäftsmodelle und Mobilitätskonzepte. Mit Mut und Weitsicht können Automobilhändler und Hersteller als Profiteur aus der aktuellen Situation hervorgehen. So ergeben sich in Zukunft Möglichkeiten in den wachsenden Markt von Mobilitätsangeboten einzusteigen.

 Sowohl die Kunden als auch der Automobilhandel sind bereit, den nächsten Schritt zu gehen und auch Fahrzeuge digital zu kaufen bzw. zu verkaufen. Hierbei gilt es jedoch, die Anforderungen und Bedürfnisse aller Akteure in Bezug auf die Omnichannel Customer Journey zu berücksichtigen.

Hermina Deiana Portrait

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Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
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