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Automotive 4.0 - Eine Branche im Umbruch Teil 2

Die Automobilbranche in einer Ausnahmesituation

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Welchen Effekt haben Homeoffice und der Wettlauf um Hightech-Komponenten auf die Automobilindustrie?

Ende Januar 2020 wurde der erste bekannte Fall von COVID-19 in Deutschland bestätigt. Seitdem leben und arbeiten wir in einer „neuen Normalität“. Auch einer der wichtigsten Wirtschaftszweige Deutschlands, die Automobilbranche, ist durch diese Ausnahmesituation in eine handfeste Krise geraten. Werke und Autohäuser waren phasenweise geschlossen, Millionen von Beschäftigten mussten und sind teilweise noch in Kurzarbeit, ganz zu schweigen von den wirtschaftlichen Auswirkungen durch das Einbrechen der Märkte. Massive Produktions- und Absatzrückgänge dominierten im vergangenen Jahr die Schlagzeilen über die Automobilbranche. So sind zum Beispiel die Neuzulassungen von Personenkraftwagen (Pkw) in Deutschland zwischen Januar und November 2020 um 22 Prozent auf 2,6 Mio. Pkw zurückgegangen. Dieser unvorhersehbare Einbruch trifft die Hersteller mitten im Wandel und zwingt sie zu Umwegen auf ihrem Weg in Richtung Elektromobilität, Autonomes Fahren oder Connected Car. Laut den aktuellen Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes vom 05. Mai 2021 sind aber bereits erste positive Signale erkennbar: Mit 229.650 neu zugelassenen Pkw lag der April 2021 um +90,0 Prozent über dem Vorjahreswert. Die bisherige Jahresbilanz weist mit 886.102 Pkw einen Zuwachs von +7,8 Prozent aus. Die gewerblichen Zulassungen (65,7 %) stiegen gegenüber dem Vergleichsmonat um +115,0 Prozent, die der Privaten (34,3 %) um +55,5 Prozent. Alle deutschen Marken konnten in der Neuzulassungsstatistik Zuwächse verzeichnen, die bei Opel (+174,6 %), Mercedes (+158,5 %) und VW (+108,4 %) sogar dreistellig ausfielen.

Grafik Blog Automotive Neuzulassungen

Es ist nicht alles Gold was glänzt. So ist das auch mit den oben illustrierten Zahlen zu den Neuzulassungen von Pkw. Werden die Zulassungszahlen aus dem laufenden Jahr mit denen aus 2019 verglichen, relativiert diese Betrachtung die dreistelligen Zuwachsraten erheblich. Zum Vergleich, selbst  während der Finanzkrise fielen die monatlichen Zulassungszahlen nicht unter die 200.000er Grenze. Die direkten Auswirkungen der globalen Corona Pandemie sind mit Sicherheit der Hauptverursacher für die historisch niedrigen Neuzulassungen, jedoch dient sie auch als Katalysator für weitere gesellschaftliche und politische Veränderungen.

Wir haben uns zwei aktuelle Entwicklungen etwas näher angeschaut.

Schöpfen Sie Ihre Potenziale aus?

Homeoffice und mobiles Arbeiten

1. New Work

Deutschland befindet sich im zweiten Lockdown während der Corona Pandemie. Viele Arbeitgeber und Arbeitnehmer mussten ihr Leben in den letzten Monaten sehr stark umstellen und an die Situation anpassen. Besonders betroffen war auch das Arbeitsleben. Mit Homeoffice und mobilen Arbeiten hielten zwei Arbeitsformen in deutsche Unternehmen Einzug, welche vorher nur die Ausnahme waren und lediglich in besonderen Branchen praktiziert wurden. Dies wurde durch die Politik bestärkt, welche in jüngster Vergangenheit die Arbeitgeber dazu angehalten hat, wenn möglich, Homeoffice für die Mitarbeiter zu ermöglichen. Das ifo-Institut in München kommt in einer Studie vom März 2021 auf eine Quote von 30 Prozent der Beschäftigten, die ganz oder zumindest teilweise im Homeoffice waren. Bedingt durch diese Gegebenheiten sowie politischer Maßnahmen wurden zudem verschiedenste Events, wie Geschäftsreisen, Außendiensttermine, private Reisen oder der Weg zur Arbeit in andere Kommunikationskanäle verlagert oder vollständig ausgesetzt.

Diese Entwicklungen haben einen direkten Einfluss auf die Notwendigkeit von Mobilität, welche wiederum aus Sicht von Experten und Praktikern die Nachfrage nach Produkten und Dienstleistungen bestimmt.

Laut Statista haben im Januar 2021 24% der Mitarbeiter in Deutschland aus dem Homeoffice gearbeitet. Erschwerend kommt hinzu, dass insgesamt 2.600.000 sozialversicherte Arbeitnehmer durch die Unternehmen für die Kurzarbeit angemeldet wurden. Laut dem Marktforschungsinstituts GfK haben diese Entwicklungen einen massiven Einfluss auf den Konsumklimaindex, welcher zuletzt massiv eingebrochen ist. Die Forscher konstatierten, dass sich die Einkommenserwartung und Anschaffungsneigung im freien Fall befänden.

Wie aber lässt sich das Anschaffungsverhalten in einer sich ankündigenden, breiten Rezession ankurbeln?

Seit Anfang April diesen Jahres werden Forderungen nach staatlichen Konsum-Anreizen immer lauter, wobei die Vorschläge mannigfaltig sind. Strittig sind zwei Fragen: Wie breit sollte eine Förderung sein? Und welche Bedingungen sollte es hinsichtlich der Umweltfreundlichkeit geben?

Ein Instrument wäre die Absenkung von Steuern auf Konsumgüter. Dafür spricht sich etwa der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer in einem Interview mit dem Deutschlandfunk aus: „Unser Vorschlag ist, dass man die Mehrwertsteuer für eine gewisse Zeit aussetzt, zum Beispiel neun Monate. Aber nicht nur für Autos, denn unsere Wirtschaft lebt davon, dass auch die Möbelindustrie und andere Industrien, die hochwertige Konsumprodukte machen, nach vorne gehen, Aufträge kriegen. Das heißt für neun Monate, für Produkte, die 10.000 Euro oder mehr kosten, einfach mal die Mehrwertsteuer aussetzen, damit man Impulse kriegt.“

Der Finanzexperte Jürgen Pieper hingegen glaubt, eine Absenkung der Mehrwertsteuer sei zu indirekt und gehe in anderen Rabatten unter. Im gleichen Artikel beschreibt Jürgen Pieper, dass bei genauer Veranschaulichung der Gesamtsituation man sich wohl bewusst sein sollte, welche Rolle die Automobilbranche in der Erreichung der Umwelt- und Klimaziele spielt und es daher am sinnvollsten sei, eine Kaufprämie mit dem Umweltthema zu koppeln. Darüber hinaus hat der Finanzexperte angemerkt, dass das Thema E-Mobilität noch stärker gefördert werden muss als bisher und bestehende Kaufprogramme für Pkw’s mit sehr niedriger CO2-Emission erweitert werden sollten. Dies sollte laut Pieper über Bar-Prämien geschehen, da solche Anreize seiner Meinung nach am ehesten die Käufer anlocken.

Die großen Autoländer Bayern, Baden-Württemberg und Niedersachsen sind sich einig, dass Kaufanreize notwendig sind, um die Nachfrage zu steigern. Daher beraten sie über mögliche Auswege aus der Coronakrise für die Automobilbranche.

Wie wir unsere Kunden im Vertrieb unterstützen?

Wettlauf um Hightech-Komponenten

2. Konnektivität

In der Zeit vor der Corona Pandemie taten sich deutsche Unternehmen mit der Einführung des Homeoffice schwer. Doch mittlerweile ist es nicht mehr aus der aktuellen Unternehmenslandschaft wegzudenken. Dieses Phänomen lässt sich weltweit betrachten. Dieser Entwicklung ist es auch geschuldet, dass die Nachfrage nach Laptops und mobilen Endgeräten für das tägliche Arbeiten enorm gestiegen ist. Zu Beginn der Pandemie haben Unternehmen jeglicher Größenordnung und weltweit Bestellungen bei den Produzenten ausgelöst. Die Lagerbestände waren zügig aufgebraucht und die Produktion kam und kommt auch nach wie vor kaum hinterher. Unter diesen Zuständen leiden aber nicht nur die Kunden, die lange auf die bestellten Geräte warten müssen, sondern insbesondere auch die angeschlagene Automobilbranche.

Die Knappheit in dem Bereich der Hightech Komponenten, insbesondere auf dem Chipmarkt, stellt eine neue Herausforderung für die Automobilhersteller wie auch für deren Zulieferer dar. Die akute Zunahme an Mitarbeitern im Homeoffice weltweit erhöht nicht nur rasant die Nachfrage nach passenden Laptops, sondern auch den Bedarf an entsprechenden Cloud-Diensten und den Serverzentren dahinter. Parallel stellt sich die Telekommunikationsbranche inklusive sämtlicher Smartphone-Hersteller auf die 5G-Technologie um. Zusätzlich profitiert die Spiele- und Unterhaltungsindustrie von der aktuellen Situation, wodurch die Nachfrage an den Spielekonsolen von Sony und Microsoft steigt.

Das Resultat ist, dass die Zulieferer von Hightech-Komponenten mit der Produktion nicht hinterherkommen.
Welchen weiteren Herausforderungen müssen sich die Automobil-Hersteller und Zulieferer stellen?

Erschwerende Faktoren laut der Deutschen Welle sind, dass die Chip-Produzenten die bekannten Smartphone-Hersteller bevorzugen, da diese höhere Stückzahlen abnehmen und zudem bereit sind für die Produkte mehr zu bezahlen. Des Weiteren ist das Kaufverhalten am Chipmarkt eine treibende Kraft für den Mangel. Bestellungen werden in der Regel in großem Volumen und mit entsprechendem Vorlauf getätigt. Ergeben sich kurzfristige Veränderungen, ist es für die Hersteller schwer, darauf zu reagieren. Das Resultat sind Verzögerungen bei der Erfüllung der Aufträge. Neben Corona trieben unter anderem auch die Handelsstreitigkeiten zwischen den USA und China die Nachfrage nach oben. SMIC und andere Chip-Produzenten landeten beispielsweise auf der schwarzen Liste und gleichzeitig bereitete sich der Telekommunikationskonzern Huawei mit langfristigen Lieferverträgen auf eine Verschärfung seines Handelsverbots vor.

Was hat das für Auswirkungen?

Bereits im Dezember 2020 warnte Volkswagen als erster Autokonzern im Stern vor einer Verlangsamung der Produktion. “Wegen der ungewöhnlich langen Wartezeiten in der Chip-Industrie werden die nötigen zusätzlichen Volumen nur mit einer erheblichen Verzögerung bereitstehen”, kündigte der Konzern in einem Statement an. Zudem wurde gesagt, dass diese Verknappung noch das Jahr 2021 andauere. Laut dem Handelsblatt berichteten auch die Zulieferer Bosch, Continental sowie die Hersteller Renault, Honda, Nissan und Honda Chrysler von diesem Problem. Bei Ford ist der Engpass teilweise bereits erreicht, sodass, nach dem Wall Street Journal, die Produktion in einer Fabrik in Kentucky bereits wegen des Teilemangels still stand.

Für die Autobranche ist die Entwicklung besonders dramatisch. Weil der Automarkt im letzten Jahr stark einbrach, hoffte man auf eine rasche Erholung im Jahr 2021. Die Hoffnung lag und liegt nach wie vor auf dem größten Absatzmarkt – China – da dort die Nachfrage deutlich gestiegen ist. Vor allem Elektroautos sind gefragter denn je. Das einschlägige Problem ist nur, dass die Lieferanten nicht die notwendigen Stückzahlen liefern können.

Durch die Umstellung von Produktionskapazitäten haben Unternehmen unterstrichen, dass sie sich rasch auf verändernde Bedingungen einstellen können. Diese Eigenschaft ist auch entscheidend bei der Transformation der Automobilbranche. Raschere Innovationszyklen, Digitalisierung, Automatisierung und Industrie 4.0 fordern flexiblere Produktionsanlagen, digitale Arbeitsprozesse und dynamische Vertriebsstrukturen. Die Corona-Krise und die damit verbundenen Herausforderungen haben den Herstellern und Zulieferern genau diese Flexibilität abverlangt. Auf der anderen Seite offenbart die momentane Situation einige Schwachstellen der deutschen Automobilbranche, welche es im Zuge der Transformation zu lösen gilt.
Hermina Deiana Portrait
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Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
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