Challenger Sale ist sein Metier

Challenger Sale ist sein Metier

Der Grundstein für Markus Härlins heutige Expertise wurde bereits auf den Techno Partys der 90er Jahre gelegt. Neue Menschen kennenlernen und sich austauschen stand ganz oben auf seinem Programm. Der Leader der durchgefeierten Nächte, verlängerte dadurch zwar sein Studium der Volkswirtschaft, hat im Gegenzug jedoch bereits in frühen Jahren reichlich Lebens- und Vertriebserfahrung gesammelt.

Lieber Markus, wenn ich deine LinkedIn Posts lese, würde ich dein Auftreten als das eines selbstbewussten Machers bezeichnen. Wie ging es für den Techno Party Leader der Neunziger weiter?

Eine wichtige Etappe war für mich und meinen weiteren Werdegang mein Praktikum bei Mercedes in Brasilien. Mein Plan war, meine Arbeit mit dem Schreiben der Diplomarbeit zu verbinden. Doch leider hatte ich bei meiner Ankunft nicht einmal im Ansatz ein Thema. Ich war gerade erst zwei Wochen in Brasilien, als die Asien Krise losging. 1997 haben wir die erste Finanzmarktkrise der Globalisierung erlebt und sie fühlte sich an wie ein einschlagender Blitzschlag. Bereits 1994 hatte ich während des Studiums eine erfolgreiche Semesterarbeit zur Tequila Krise in Mexico 1994 geschrieben. Somit wählte ich die brandaktuelle Entwicklung als Thema für meine Diplomarbeit, auch weil mich die Thematik persönlich interessierte. Es gab zwar fast ausschließlich portugiesische Quellen, aber ich habe mich durchgekämpft und letztendlich mein Studium mit einer 1,7 abgeschlossen.

Zwei Arbeiten hast du über Krisen geschrieben, Tequila Krise und Asien Krise. Welche weiteren Krisen haben dich beschäftigt?

Es kamen auch persönliche Krisen dazu und das war dann keine Theorie, sondern erlebte Realität. 1999 – 2002 war ich für ein Start-up der New Economy tätig. Eigentlich habe ich dort eher zufällig festgestellt, dass ich im Vertrieb gelandet war, denn jeder machte damals alles oder was er am besten konnte. Als 2000 die dot.com Blase platzte, habe ich echtes Verkaufen gelernt, denn es ging wirklich ums Überleben, das der Firma, aber auch mein eigenes.

Echtes Verkaufen habe ich gelernt, als es ums Überleben ging, das der Firma und mein eigenes.

Diese Krise wurde dicht gefolgt von 9/11, was zur Rezession führte. Das Unternehmen, für das ich tätig war, hat es leider nicht geschafft. Mitte 2002 wurde ich arbeitslos, just zum Zeitpunkt als ich Vater wurde und kurz zuvor eine Wohnung angemietet hatte. Was soll ich sagen? Mir ist alles um die Ohren geflogen, sogar meine Beziehung. Das war eine sehr harte Phase meines Lebens, aber in dieser Zeit habe ich das Verkaufen gelernt und das Meistern von Krisen. An mir persönlich habe ich festgestellt, dass ich am besten verkaufen kann, wenn es ums Überleben geht.

“Du bekommst im Leben nicht, was du verdienst, sondern was du verhandelst.”

Und dann kam Hays und deine Karriere nahm Fahrt auf.

Vor zwanzig Jahren habe ich bei Hays angefangen und war 2003 gleich in der Probezeit bester Vertriebler. Ich habe alles gemacht, auch zehn Jahre klassischen Telefonvertrieb, darin bin ich richtig gut. 20-40 Calls am Tag waren normal, so habe ich Kundentermine vereinbart. An meinem Motto hat sich bis heute nichts geändert: weniger Spreadsheets, dafür mehr Telefonhörer in die Hand und Termine vereinbaren.

“Mein Motto: weniger Spreadsheets, dafür mehr Telefonhörer in die Hand und Termine vereinbaren.”

Du sagst über dich, dass du in der Krise so richtig aufdrehst. Beschreibe das bitte etwas näher.

Die Krisen haben mich geprägt. Ich habe erkannt, dass ich bei großen Herausforderungen mein ganzes Potenzial entfalte. Nassim Nicholas Taleb ist ein Essayist und Forscher in den Bereichen Statistik, Zufall und Epistemologie und ehemaliger Finanzmathematiker. Manche sagen er sei ein Philosoph, andere nennen ihn Broker. Er hat das sehr bekannte Buch „Der schwarze Schwan“ geschrieben, in welchem er der Frage nachgeht, ob wir die Entstehung der Finanzkrise hätten abwenden können oder vorhersehen müssen.

Ein weniger bekanntes Buch von ihm heißt „Antifragilität“ und das gefällt mir noch besser. Es gibt Menschen, die brechen in der Krise zusammen, das ist tragisch, aber die muss man sich nicht zum Vorbild nehmen. Dann gibt es Menschen, welche die berühmte Resilienz haben, was für mich die wichtigste Eigenschaft im Vertrieb ist. Man muss immer einmal mehr aufstehen, als man hingefallen ist. Vertrieb erfordert ein sehr hohes Maß an Resilienz. Diese Fähigkeit gilt es zu kultivieren. Du musst Absagen und Niederlagen einstecken können, musst dich selbst motivieren, denn wenn du das nicht kannst, bist du im falschen Job. Wenn du merkst, dass du nach einer Krise oder Herausforderung nicht nur wieder aufgestanden bist, sondern noch stärker geworden bist, dann befindest du dich auf dem Wachstumspfad. Sich auf diesem Wachstumspfad zu befinden ist für mich eine geile Sache und genau das, was mich an meinem Job reizt.

Welche Krisen hast du erlebt und welche Herausforderungen dabei gemeistert?

In der Finanzkrise 2008 / 2009 habe ich bei Hays das Key Account Management initiiert und unseren größten Kunden die Deutsche Bahn gewonnen. Während Covid habe ich das Social Selling eingeführt. Vor Jahren habe ich im Harvard Business Manager Magazin einen Artikel gelesen über Challenger Sale. Mit der Beschreibung dieser Sales Persönlichkeit konnte ich mich zu 100% identifizieren. Die Challenger Sales Personality ist ein Typ, der in Krisen bei nachweislich komplexen Problemen Lösungen erarbeitet, die am besten verkaufen. Dieser Typ traut sich auch seinen Kunden auf hohem Niveau zu sagen, dass sie mit beiden Beinen tief im Dreck stecken und er ihnen heraushelfen kann. Ich habe verkaufen nicht in der Theorie gelernt, sondern in Zeiten größter Herausforderungen, in denen es um das Überleben ging. Und wenn man das gelernt hat, dann lebt man das seinem Team und seinen Kunden glaubwürdig vor.

Die Challenger Sales Personality ist ein Typ, der in Krisen bei komplexen Problemen Lösungen erarbeitet.

Hast du je einen Mentor gehabt oder ein Vorbild?

Es gibt zwei Sorten Mensch, die als Mentor in Frage kommen. Jene, denen man nacheifern möchte. Und jene, die einen abstoßen. Die einen zeigen einem, wie man sein möchte, die anderen wie man auf gar keinen Fall werden will. Ich bin immer Menschen im Business begegnet, von denen ich mir etwas abgeschaut habe. In Brasilien während der Diplomarbeit, hat mir der sehr analytisch handelnde Hauptabteilungsleiter im technischen Einkauf bei Mercedes sehr viel beigebracht und er hat mich in meiner Vorgehensweise bei der Diplomarbeit bestätigt.

Auch hatte ich einen Freund, der sich selbständig gemacht hatte und mir im unternehmerischen Denken viel voraushatte. Bei meinem ersten Vertriebsjob war er ein guter Sparringpartner.

Seit ich die Führungsposition bei Hays bekleide, bin ich selbst Mentor für viele, weil ich in der Führung transformativ handle. Nehmen wir das Beispiel von Meister und Lehrling. Sie gingen zusammen auf Wanderschaft wie Zimmermänner. Der Ältere teilte mit dem Jungen seine Erfahrung und lehrte ihn, indem er ihm zeigte, wie etwas gemacht wird. Es war keine verkopfte und verschulte Art und Weise des Lehrens, sondern vergleichbar mit einem dualen Studiengang mit Praxis heute.

Diese Art der Zusammenarbeit ist erstrebenswert und so handle ich mit meinen Mitarbeitern. Wir schauen uns nicht stundenlang Excel Tabellen an, wie es üblich war, sondern fahren gemeinsam zum Kunden. Egal was wir machen, ob wir im Zug oder im Auto sitzen oder uns auf dem Gang in der Firma unterhalten, es wird immer über Sales geredet. Viele meiner Leute haben Vertriebs Awards gewonnen und darauf bin ich sehr stolz. Ich bin mit Martin Limbeck, dem großen deutschen Vertriebsphilosophen einer Meinung. Im Vertrieb solltest du verkaufen können und deine Mitarbeiter inspirieren mehr zu verkaufen, und zwar durch Vorleben und gute Führung.

“Hast du eine Phobie vor dem Telefon oder bist du einfach nur faul?”

Wie reagierst du, wenn du feststellst, dass ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin im Vertrieb keinen Erfolg haben?

Ich thematisiere es zeitnah, denn wir haben bei Hays Gesprächsführung gut gelernt. Es gibt Problemgespräche, wenn der Mitarbeiter ein Problem hat, welches wir lösen können. Und es gibt Kritikgespräche, wenn der Mitarbeiter das Problem zu sein scheint. In beiden Fällen kümmere mich intensiver um sie und arbeite enger zusammen. Wir widmen uns gemeinsam der Ursachenanalyse.

Wenn du 100 Telefonate machst und es kommt nichts rüber, dann müssen wir die Lage gemeinsam analysieren. Wenn du jedoch drei Anrufe tätigst, dich um alles kümmerst außer um die an dich gestellte Aufgabe und noch fünfmal rauchen gehst, dann ist offensichtlich, warum der Erfolg ausbleibt.

Zuerst kommt es im Vertrieb auf die Quantität an und danach auf die Qualität. Hast du eine Phobie vor dem Telefon oder bist du einfach faul? Manche weigern sich auch mal durch Widerstände zu gehen. Es wäre für beide Seiten gut, wenn man im Vorstellungsgespräch bereits besser aussortieren würde.

Gibt es junge Menschen, die gerne im Vertrieb arbeiten möchten?

Wir kommen in eine Debatte, die ich nicht aufmachen will, aber die Generation Z und Y sind es definitiv nicht. Lily Mizani ist Expertin für Kaltakquise Trainings und eine Freundin von mir. Sie hat iranische Wurzeln und hat mit 18 Jahren begonnen in einem Call Center zu arbeiten. Kürzlich hat sei einen provokanten Post auf LinkedIn veröffentlicht, in dem sie behauptete, dass Menschen mit Migrationshintergrund besser verkaufen, weil sie mehr Biss haben.

Mit dieser Aussage hat sie für mächtig Aufregung und heiße Diskussionen gesorgt, was sicherlich nicht unbeabsichtigt war. Ich kann mit Sicherheit behaupten, dass Migrationshintergrund keinen Nachteil im Vertrieb darstellt. Klar braucht man im Vertrieb Kompetenz, aber auch Biss und Willen sind elementar. An dieser Stelle ist es mir wichtig die Frauen im Vertrieb zu erwähnen, denn sie machen in meiner Vertriebseinheit 80% aus, und zwar nicht ohne Grund. Am Ende zählt nur, ob du gut verkaufen kannst. Irritierend finde ich, dass es junge Leute von der Hochschule kommend gibt, die nach einem halben Jahr Arbeit eine längere Auszeit brauchen.

“Klar braucht man im Vertrieb Kompetenz, aber auch Biss und Willen sind elementar.”

Welche Visionen hast du nach zwanzig erfolgreichen Jahren bei Hays?

Ich starte in meinen Fünfzigern eine neue Karriere, zunächst parallel zu meiner Tätigkeit bei Hays. Mein Fokus liegt seit jeher auf Verkaufen, Verhandeln und Interessen durchsetzen. Das, was ich am besten kann, möchte ich nun als Trainer, Speaker oder Business Coach anbieten. Als potenzielle Kunden stelle ich mir Start-ups vor, die ihre Firma an Venture Capital Geber verkaufen oder mit Investoren verhandeln. Auch für Frauen, die kurz vor der gläsernen Decke stehen, würde ich gerne die Gehaltsverhandlungen führen. Meine Devise lautet du bekommst im Leben nicht, was du verdienst, sondern was du verhandelst. Das liegt vielen nicht, ergo holen sie für sich nicht das Beste heraus. Ihnen möchte ich helfen, denn die Ausgangssituation David gegen Goliath fand ich schon immer sehr reizvoll.

Reizvoll finde ich auch den Gedanken von überall auf der Welt arbeiten zu können. Ich denke sehr stark in Customer Journeys und finde teilautomatisierte oder automatisierte Themen superspannend. Große Lust hätte ich auch eine eigene Community für Menschen im Vertrieb aufzubauen mit Abonnements für Master Classes.

Derzeit arbeite ich an meiner Positionierung, gefolgt von meiner Webseite. Ich bin gefordert mein sehr breites Know-How auf den Punkt zu bringen und das ist nicht so einfach. Aber wie du siehst, mit meinen 53 Jahren denke ich bei weitem nicht an Rente, sondern freue mich auf neue Herausforderungen.

Lieber Markus, herzlichen Dank für das spannende Gespräch. Zum Schluss wünsche ich mir noch einen Song für unsere MarketDialog Rocking Sales Playlist von dir und bin sehr gespannt auf deinen Musikgeschmack.

Mein Lieblingssong? Ich habe zwei Songs für euch. „In da Club“ von 50 Cent und der Titelsong von der Serie “Peaky Blinders” „Red Right Hand“ von Nick Cave.

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Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
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