Empathie ist kein Nice-to-have
Empathie ist kein Nice-to-have
Nein, auch Martin Zimmermann hat nicht von einer Karriere im Vertrieb geträumt. Der Vertriebschef von Imendo Österreich ist wie fast alle meine Gesprächspartner in den Bereich Sales „hineingeschlittert“. Seine Vorgesetzten bei Microsoft, wo er seine Business Vita mit einem Traineeprogramm startete, haben sein Vertriebstalent entdeckt, das ihm selbst zu jener Zeit noch nicht bewusst war. Nach 18 Jahren bei Microsoft, wechselte er zu einem Partner, der Imendo GmbH, mit der er bereits mehrere Jahre erfolgreich zusammengearbeitet hatte. Ich habe mit ihm über seinen Weg vom Weltkonzern zum Mittelstand gesprochen.
Lieber Martin, wie schön, dass du Zeit für unser Gespräch gefunden hast. Was genau sind deine Aufgaben als Vertriebsleiter bei Imendo Österreich?
Ich bin verantwortlich für den gesamten Vertrieb bei der Imendo GmbH. Wir sind ein inhabergeführtes IT-Dienstleistungsunternehmen mit Sitz in Klagenfurt und einem weiteren Standort in Wien. Unsere Schwerpunkte liegen auf Datenlösungen, Collaboration Systemen, Softwareentwicklung, alles rund um die Digitalisierung und Künstliche Intelligenz. Wir betreuen Kunden aus dem öffentlichen Bereich, aus der Industrie ebenso wie aus dem Mittelstand. Ich selbst sitze in Wien, bin aber gebürtiger Kärntner.
Welche Kunden betreut ihr? Gibt es einen Schwerpunkt und seid ihr hauptsächlich in Österreich aktiv?
Ja, unser Fokus liegt klar auf dem österreichischen Markt. Wir betreuen viele Kunden aus dem öffentlichen Bereich wie Ministerien, die Stadt Wien, Bundesländer und Energieversorger. Dazu kommen Projekte für globale Technologieunternehmen und die Pharmaindustrie. Deutschland ist zwar interessant, aber wir konzentrieren uns derzeit stark auf die heimische Digitalisierung.
„Wir haben eine Plattform für Impf- und Testbuchungen
für die Stadt Wien entwickelt.“
Das sind große Namen im öffentlichen Bereich. Wie viele Mitarbeiter seid ihr?
Wir sind während Corona stark gewachsen – von 35 Mitarbeiter auf knapp 100. Dieser große Zuwachs entstand durch das Projekt, das während der Pandemie entstanden ist. Wir haben eine Plattform für Impf- und Testbuchungen für die Stadt Wien entwickelt. Daraus wurde inzwischen eine zentrale Gesundheitsplattform, auf der heute alle städtischen Impfungen organisiert werden – von Tetanus bis Grippe. Das zeigt, was möglich ist, wenn man Digitalisierung wirklich durchdenkt und nutzerzentriert umsetzt.
Spannend wie ihr diese Chance ergriffen und zu einem erfolgreichen Projekt umgesetzt habt. Und wie ist euer Vertriebsteam aufgestellt? Eher regional oder nach Portfolio?
Ein Mitarbeiter ist spezialisiert auf den Finanzbereich und auf Datenlösungen. Eine Kollegin betreut die Bundesländer, die Wirtschaftskammer und die Österreichische Bahn. Zwei Kolleginnen sind für öffentliche Ausschreibungen verantwortlich. Diese sind mit sehr komplexen Herausforderungen verbunden. Eine Kollegin kümmert sich um den Ausbau kleinerer Bestandskunden. Hinzu kommt unser Geschäftsführer, der seit jeher die größten Kunden betreut. Das ist für uns sehr gut, denn so können wir uns auf die Akquise neuer Kunden fokussieren. Wir wachsen organisch, aber ambitioniert.
War es ursprünglich dein Wunsch im Vertrieb tätig zu sein?
(lacht) Ich bin da eher so reingerutscht.
Ach neee (lacht). Ich warte immer noch auf den Tag, an dem mir jemand sagt „Es war mein großer Wunsch im Vertrieb zu arbeiten“. Erzähl mir bitte deine Story und wie es dich in den Vertrieb verschlagen hat.
Im Microsoft-Trainee-Programm gab es eine Aufgabe im Assessment Center – ein Sales-Rollenspiel. Ich war darin furchtbar. Damals dachte ich: „Gut, dass ich ins Marketing gehe.“ Jahre später kamen zwei Manager auf mich zu und meinten: „Du solltest Sales ausprobieren.“ Ich war natürlich von ihrem Vorschlag nicht begeistert. Aber siehe da – es hat funktioniert.
„Sales ist die Welt der Einzelschicksale.“
Du warst lange bei Microsoft tätig.
Ja, 18 Jahre in verschiedenen Marketing- und Sales-Rollen. Ich habe 2006 im Produktmarketing für Datenbanklösungen und Entwicklerwerkzeuge begonnen. Das Lustige ist: Das sind heute auch zentrale Themen bei Imendo. Insofern schließt sich ein Kreis. 2010 bin ich dann zunächst widerwillig in den Vertrieb gewechselt.
Kannst du mir näher erläutern, was du am Vertrieb nicht mochtest oder woher der Widerwille kam?
Ich hatte ein völlig falsches Bild von Vertrieb und ich glaube, dass auch heute noch Vertrieb häufig fehl eingeschätzt wird. Immer noch denken viele, es gehe nur darum Kunden zu überreden etwas zu kaufen. Aber dann habe ich durch einen Perspektivwechsel gemerkt, dass Sales vor allem bedeutet zuzuhören, zu verstehen und Lösungen anzubieten. Meine damaligen Manager bei Microsoft haben diese Skills in mir erkannt, bevor ich es selbst gesehen habe. Dafür bin ich bis heute dankbar. Ich sage immer: Sales ist die Welt der Einzelschicksale. Jeder Termin ist anders und in jedem kannst du etwas lernen.
„Empathie ist im Vertrieb kein Nice-to-have, sondern ein Muss.“
Was war deine bedeutendste Lernerfahrung im Sales?
Dass Empathie kein Nice-to-have ist, sondern ein Muss. Menschen kaufen nicht nur ein Produkt oder eine Lösung, sondern auch Vertrauen. Wenn man das verstanden hat, wird Sales etwas sehr Menschliches. Und genau das gefällt mir daran. Jedes Gespräch ist anders, jedes Projekt hat seine eigene Geschichte. Ich liebe diese Vielfalt.
Und wie kam dann der Wechsel zu Imendo?
Ich habe Imendo bei meiner Arbeit bei Microsoft kennengelernt. Sie waren Partner von uns im öffentlichen Bereich. Schon damals war mir klar: Das ist ein spannendes Unternehmen. Irgendwann kam der Punkt, als Imendo stark gewachsen ist und ein strukturiertes Vertriebsteam aufbauen wollte. Die Chance habe ich genutzt und seit eineinhalb Jahren bin ich nun Sales Lead bei Imendo.
„Bei Microsoft konnte ich als Teil eines globalen Systems wirken,
hier gestalte ich direkt mit.“
Cool, ihr kanntet euch bereits! Dann wusstest du gut, worauf du dich einlässt. Was ist heute anders für dich? Wo liegen die größten Unterschiede zwischen Sales im Konzern und im mittelständischen Unternehmen?
Alles ist viel unmittelbarer. Wenn unser Vertrieb funktioniert, können wir neue Entwickler und Entwicklerinnen einstellen sowie in neue Projekte investieren. Wenn nicht, merken wir das sofort. Das heißt: Vertrieb hat hier eine sehr direkte Auswirkung. Bei Microsoft konnte ich als Teil eines globalen Systems wirken, hier gestalte ich direkt mit. Zudem: Bei uns gibt’s kein reines Zuhör-Meeting, bei dem einer spricht und Hunderte Mitarbeiter aus unzähligen Ländern verfolgen es. Jedes unserer Meetings hat ein konkretes Ergebnis zum Ziel. Das macht die Arbeit sehr effektiv und fordert jeden einzelnen natürlich auch mehr.
„Ich kann Ideen einbringen und sehe, wie sie binnen
Tagen Realität werden können.“
Was reizt dich besonders an deiner aktuellen Rolle?
Die Mischung: Strategie und Umsetzung. Ich arbeite mit einem Team zusammen, das sehr engagiert ist, und gleichzeitig bin ich eng im Austausch mit unseren Geschäftsführern. Ich kann Ideen einbringen und sehe, wie sie binnen Tagen Realität werden können. Diese Umsetzungsnähe ist etwas, das ich sehr schätze, vor allem nach vielen Jahren in einer Konzernstruktur.
Wie würdest du deine Führungsphilosophie beschreiben?
Ich will Freiräume schaffen und zugleich Orientierung geben. Ich bin kein Fan von Mikromanagement. Ich frage Mitarbeiter: Was brauchst du, um erfolgreich zu sein? Und dann versuche ich, Hindernisse aus dem Weg zu räumen. Ich will ermöglichen, nicht kontrollieren. Wir haben auch Quereinsteiger und Quereinsteigerinnen im Team, Menschen, die selbst überrascht waren, dass ihnen Sales liegt. Diese Entwicklung zu begleiten, ist echt großartig.
Hast du ein konkretes Beispiel für einen erfolgreichen Quereinstieg?
Wir haben erst kürzlich eine Kollegin eingestellt, die ursprünglich aus dem Einkauf kommt. Sie war sehr strukturiert, analytisch, aber eben ohne Vertriebserfahrung. Wir haben ihr die Chance gegeben, sich im Sales auszuprobieren. Sie hat die Motivation und Energie mitgebracht, um uns und unsere Kunden zu begeistern. Darauf kommt es letztendlich an, denn die „harten“ Sales Skills kann man lernen. Sie hätte selbst nie gedacht, dass das „ihr Ding“ ist. Solche Entwicklungen machen mich stolz.
„Nicht das eigene Produkt ins Zentrum stellen,
sondern den Nutzen für den Kunden.“
Was macht für dich ein gutes Sales-Talent aus?
Zuhören können. Sich wirklich für das Gegenüber interessieren. Nicht das eigene Produkt ins Zentrum stellen, sondern den Nutzen für den Kunden. Und: Resilienz. Es läuft nicht immer alles glatt. Aber wer dranbleibt, lernt und wächst.
Du sprichst viel von Team und Verantwortung. Was zeichnet Imendo noch aus?
Wir sind trotz Wachstum von 35 auf fast 100 Mitarbeitende in nur wenigen Jahren, ein Unternehmen geblieben, das offen kommuniziert. Bei uns herrscht Transparenz. Es gibt keine starren Prozesse, sondern Gestaltungsfreiraum. Wer eine gute Idee hat, kann sie umsetzen. Wer Verantwortung übernehmen will, bekommt sie. Und ich sehe es als meine Aufgabe, nicht nur Deals zu holen, sondern auch mein Team zu entwickeln.
„Derzeit ist das Marktumfeld nicht einfach.
Wirtschaftlich spüren wir eine gewisse Zurückhaltung.“
Wie geht ihr mit den aktuellen Herausforderungen am Markt um?
Derzeit ist das Marktumfeld nicht einfach. Wirtschaftlich spüren wir eine gewisse Zurückhaltung. Das betrifft besonders große Investitionen. Für uns heißt das: Wir müssen noch präziser sein in der Ansprache, neue Use Cases identifizieren und Mehrwerte klarer kommunizieren. Gleichzeitig nutzen wir die Zeit, um neue Branchen zu erschließen und unsere Vertriebsstruktur strategisch weiterzuentwickeln.
Was sind deine nächsten Ziele?
Ich will mit Imendo den Vertrieb strategisch weiterentwickeln in neuen Märkten und Branchen Neukunden gewinnen. Und ich möchte weiter mitgestalten. Ich liebe es, Dinge aufzubauen und ich weiß, dass ich mit meinem Hintergrund aus dem Konzern und meiner jetzigen Erfahrung beides gut verbinden kann. Ich bin gespannt, wohin die Reise noch geht. Aber ich weiß: Es ist der richtige Weg, für Imendo und für mich persönlich.
Und wie motivierst du dich?
Durch Menschen. Durch Gespräche. Durch kleine Fortschritte. Ich bin kein Fan von überhöhten Visionen. Aber ich glaube daran, dass man täglich Wirkung erzielen kann, im eigenen Team, beim Kunden, in der Art, wie man zuhört und antwortet. Wenn ich sehe, dass jemand über sich hinauswächst oder ein Projekt richtig gut läuft, dann weiß ich: Genau deshalb mache ich das.
Lieber Martin, vielen Dank für dieses persönliche und spannende Gespräch.
Ich danke dir, Hermina.
Abschließend wie immer meine letzte Frage: zu welchem Song rockst Du Sales? Was ist Dein Beitrag zur MarketDialog Rocking Sales Playlist auf Spotify?
Bei Musik bin ich fest im Rock-Genre verankert. Mein Song ist „Everlong“ von den Foo Fighters.
Liebe Rocking Sales Leser, Ihr möchtet mehr über Martin Zimmermann und Imendo GmbH erfahren?
Dann besucht sie doch gerne hier.
Seinen Song findet ihr übrigens in unserer Spotify-Playlist.
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Ich brenne darauf eure Expertise und Erfahrungen im Vertrieb zu erfahren und auf unserem Rocking Sales Blog zu veröffentlichen. Nach einem kurzen Kennenlerntelefonat vereinbaren wir einen Termin für einen Video-Call und führen ein entspanntes, einstündiges Gespräch. Anschließend schreibe ich euren Beitrag und wir posten diesen über unsere Social Media Kanäle.
Ich freue mich auf dich.
Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
hermina.deiana@marketdialog.com
+49 (0) 6196-7695-183
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