In den Vertrieb „gerutscht“​

In den Vertrieb „gerutscht“

Erstaunt hat mich gleich zu Beginn unseres Gesprächs, dass Angelika Wehage nach dem Abitur genauso wenig wusste, was sie beruflich machen möchte, wie viele meiner Generation, als wir 1985 Abitur gemacht haben. Sie ging ihre Berufswahl pragmatisch im Ausschlussverfahren an, in dem sie in den Bereichen, die sie interessierten Praktika absolvierte. BWL fand sie interessant, aber in Verbindung mit dem Thema Gesundheit kristallisierte sich ihr Wunschberuf heraus.

Liebe Angelika, es ist schon viele Jahre her, aber du hast dir deine Berufswahl nicht leicht gemacht. Hat es sich aus heutiger Sicht gelohnt in allen Bereichen, die dir erstrebenswert erschienen, Praktika zu absolvieren und bist du überzeugt für dich die richtige Wahl getroffen zu haben?

Zweimal großes Ja. Ich hatte mich für Architektur interessiert und für Eventmanagement sowie für BWL. In all diesen Bereichen habe ich Praktika absolviert. Bei meinem Praktikum in einem Reha Zentrum fiel dann meine Entscheidung Gesundheitsökonomie mit dem Schwerpunkt Krankenhausmanagement in Köln zu studieren. Das Thema Gesundheit ist bedeutend, weil es jeden Menschen betrifft und immer aktuell ist.  Danach hatte ich den Bachelor in der Tasche, aber es gab so viele Optionen mit diesem Studiengang, dass ich wieder nicht so recht wusste in welche Richtung es gehen sollte.

Konntest du nicht wieder nach Ausschlusskriterien gehen? (lacht)

Das hat dieses Mal nicht so gut geklappt. Nach Frankfurt wollte ich eigentlich nicht. Dachte ich zumindest, bis mich eine Kommilitonin ansprach, weil das Unternehmen, für das sie tätig war, Mitarbeiter suchte. Also bewarb ich mich bei der CURATIS GmbH in Eschborn, einem Beratungsunternehmen im Gesundheitsbereich. Dort habe ich als Praktikantin begonnen, habe anschließend zwei Jahre im Projektsupport unterstützt und bin dann kontinuierlich aufgestiegen bis zur Projektleiterin. Das strukturierte und selbständige Arbeiten an Projekten, der Kundenkontakt und das damit verbunden Reisen haben mir sehr gut gefallen. 

Ich hätte nie Vertrieb als Wunschposition genannt, aber hier bin ich nach und nach reingerutscht und stellte fest, dass ich es toll finde die Firma vorzustellen, unsere Leistungen zu erklären und Projekte zu entwickeln. Eines Tages fragte mich mein Chef, Frau Wehage, wie wäre es, wenn sie den Termin heute allein wahrnehmen? Das war der entscheidende Schritt in die Akquise. Ich hatte keine Angst, war gut vorbereitet und der Termin verlief erfolgreich.

“Mittlerweile hatte ich Frankfurt lieben gelernt.”

Wie hat es sich angefühlt nach dem Bachelor, also einem abgeschlossenen Studium, wieder mit einem Praktikum zu starten?

Das war für mich insofern ok, als das Praktikum nur drei Monate dauern sollte und auf die Probezeit angerechnet wurde. Letztendlich stand die Festanstellung als Ziel im Raum. Ich kenne mich gut und weiß, dass ich durch meine praktische Leistung on the job immer glänzen kann. Parallel habe ich während meiner Zeit bei CURATIS noch meinen Master in Führung und Management im Gesundheits- und Sozialwesen berufsbegleitend gemacht. Das war mir sehr wichtig. Nach sechs Jahren stand jedoch ein Wechsel an, denn ich wollte weitere Erfahrungen sammeln. Mittlerweile hatte ich Frankfurt lieben gelernt. Somit kamen für mich als Standorte nur Frankfurt und Hamburg, in der Nähe meiner Heimat in Frage.

Wie ging es nach den sechs Jahren bei CURATIS für dich weiter? Frankfurt oder Hamburg?

Es ging über einen Headhunter zu einem Start-up in meine Wunschstadt Hamburg. Miralytik entwickelt Dashboards für Krankenhäuser, um deren KPIs zu monitoren. Was mir nicht gefiel war, dass ich nur in internen Projekten eingesetzt wurde. Ich vermisste das Reisen und den Kundenkontakt sehr. Hier wurde mir klar, dass ich den Vertrieb liebe. Somit war ich sehr froh, als mich jemand aus meinem Netzwerk anrief, um mir ein Angebot bei der WISAG zu unterbreiten. Das Unternehmen kannte ich natürlich. Es gab zwei Vakanzen, eine davon als Vertriebsleitung Medizintechnik. Bei CURATIS hatte ich bereits Erfahrung gesammelt und wusste, dass ich Medizintechnik sehr mag, somit passte es perfekt. Und ich konnte zurück nach Frankfurt, was mich ebenfalls freute.

Bei zwei Wechseln hast du den Job über dein persönliches Netzwerk bekommen. Das beweist einerseits, wie wichtig ein Netzwerk ist, andererseits, dass Jobs doch prioritär innerhalb des Arbeitgeber- oder HR Netzwerks vergeben werden. Wie siehst du das?

Es ist menschlich Empfehlungen anzunehmen oder sich im Umfeld umzuhören. Wenn jemand, dessen Arbeit man schätzt, eine Person für eine Position empfiehlt, dann ist das hilfreich. Ich kann es nachvollziehen, denn es ist der einfachste Weg.

“In meinem Job gibt es keine Routine.”

Was genau machst du bei WISAG?

Ich bin Vertriebsleiterin FM Gesundheitswesen und in diesem Bereich für ganz Deutschland zuständig. Bei CURATIS war ich beratend tätig, das war schon sehr spannend und ich habe sehr viel gelernt. Jetzt kann ich unser breites Portfolio an eigenen Dienstleistungen Krankenhäusern, Senioren- und Pflegeheimen oder Behinderteneinrichtungen vorstellen. Wir bieten alles an, was eine Einrichtung aus dem Gesundheitswesen benötigt. Du kannst es dir vorstellen wie ein Gebäude, dass wir kernsanieren bis zum Einzug. 

Die komplette Gebäudetechnik, Medizintechnik, Catering, Reinigung, Safety und Security sind bedeutende Bereiche. Bei Krankenhäusern mit mehr als 30.000 stationären Fällen handelt es sich um eine kritische Infrastruktur, das heißt sie sind KRITISpflichtig und müssen in Bezug auf Safety, Security und IT nach höheren Anforderungen ausgestattet werden. Da WISAG so breit aufgestellt ist, kann ich für unsere Kunden Konzepte entwickeln, in Modulen arbeiten, die aufeinander abgestimmt sind oder die unsere Kunden individuell zusammenstellen können. Es gibt keine Routine. Das hat auch den Vorteil, dass ich hervorragend Synergien herausarbeiten kann, weil ich alle Teilbereiche kenne.

Worin genau besteht heute der Hauptunterschied zu deinem Verantwortungsbereich bei CURATIS?

Bei CURATIS haben wir die Dienstleistungen für unsere Kunden aus dem Gesundheitswesen analysiert und geprüft, ob es am Markt bessere Angebote oder Konditionen gibt. Ebenfalls haben wir nach den Prozessen geschaut. Wir hatten keine eigenen Produkte, sondern haben bei Bedarf 3-5 Firmen angefragt.  Jetzt biete ich unsere eigenen Dienstleistungen an. Zunächst geht es um die Vorstellung unseres breiten Portfolios. Jetzt bin ich auf Dienstleisterseite, davor war ich auf Beraterseite. Es ist von Vorteil, dass ich beide Seiten kenne.

Wie ist es in der Gesundheitsbranche bzw. konkret mit den Kliniken, bevorzugen sie eher digitale Meetings oder persönliche Besuche?

Das ist sehr unterschiedlich. Neulich hatte ich einen Zoom Call mit einem potenziellen Neukunden in Oldenburg, während ich heute nach Koblenz zu einem Kunden gefahren bin, weil es nicht weit ist und weil es mal wieder Zeit war sich persönliche zu treffen. Ich mag persönliche Treffen sehr gerne, aber ich achte auch auf Ressourcen.

“Schließe ich drei von zehn Krankenhäusern in einer Stadt, kann ich die Pflegekräfte auf die restlichen sieben verteilen.”

Was sagst du zu den Plänen Krankenhäuser abzubauen?

Wir werden nicht drumherum kommen, müssen dieses Thema jedoch differenziert betrachten. Innerhalb von 30 Minuten muss ein Krankenhaus erreichbar sein, somit wird es in ländlichen Gegenden keinen großen Abbau geben. In den Städten muss jedoch etwas getan werden. Schließe ich drei von zehn Krankenhäusern in einer Stadt, kann ich die Pflegekräfte auf die restlichen sieben verteilen und den Fachkräftemangel zumindest zu einem kleinen Teil beheben. Langfristig wird das aufgrund des demographischen Wandels nicht reichen. In vielen Krankenhäusern gibt es zu wenig Personal und sehr viele schreiben rote Zahlen. Natürlich ist ein Krankenhaus kein Wirtschaftsunternehmen, das Gewinn erwirtschaften muss, es geht um Menschen und ihre Gesundheit. Aber es sollte doch kostendeckend arbeiten.

Crazy, dass viele Krankenhäuser rote Zahlen schreiben, obwohl das Pflegepersonal so unterbezahlt ist. Da frage ich mich, wohin geht das Geld?

Der Job muss für Pflegekräfte attraktiver werden. Krankenhäuser schließen, das Pflegepersonal auf andere Krankenhäuser verteilen bei gleicher Bezahlung – das wird so nicht aufgehen. Durch den demographischen Wandel kommen ohnehin weniger Pflegekräfte nach. Es muss sehr viel getan werden.

Dann bist du ja gerade ein Teil dieses großen Wandels.

Ja, es sind spannende Herausforderungen. Kürzlich habe ich zwei Kongresse besucht, einen zum Thema Nachhaltigkeit und einen zum Thema Digitalisierung, natürlich beide mit dem Fokus auf das Gesundheitssystem. Das Krankenhauszukunftsgesetz sieht vor, dass alles digitaler wird, aber das ist nicht ad hoc zu schaffen. Wir brauchen keine Schnellschüsse, dürfen aber auch nicht nur reden, es muss auch gehandelt werden. Mal sehen, was die Gesundheitsreform so mit sich bringt.

“Ich könnte mir eher vorstellen, dass viele überhaupt nicht wissen, was im Vertrieb passiert.”

Was glaubst du, warum sind Frauen nicht so leicht für den Vertrieb zu gewinnen?

Es stellt sich die Frage, wie familienfreundlich Tätigkeiten im Vertrieb sind. Vielleicht könnte es daran liegen? Wobei es heutzutage auch nicht mehr selbstverständlich ist, dass Frauen sich Familie wünschen. Ich könnte mir eher vorstellen, dass viele überhaupt nicht wissen, was im Vertrieb passiert. Man hat Vertrieb als Berufsbild nicht auf dem Radar, kann sich wenig darunter vorstellen.

Du strahlst, wenn du über deine Arbeit sprichst und wirkst glücklich. Welche Visionen hast du?

Ich möchte jeden Tag das Beste aus mir herausholen, mich sowohl beruflich wie auch persönlich weiterentwickeln und Chancen, die sich mir bieten, ergreifen können.

Was genau meinst du mit persönlicher Weiterentwicklung?

2018 bin ich zum ersten Mal einen Halbmarathon gelaufen und fand es super. 2019 bin ich gleich wieder angetreten. Dann kam Corona. Jetzt möchte ich wieder anfangen zu trainieren und bei nächster Gelegenheit wieder einen Halbmarathon laufen. Auch für den Vertrieb möchte ich mich weiterentwickeln mit Coaches und durch Trainings. Es macht Spaß an sich zu arbeiten. Mich macht es glücklich.

Vielen Dank für das Gespräch, liebe Angelika. Ich habe viel gelernt heute. Und jetzt hätte ich gerne zum Abschluss noch deinen Song für unsere Rocking Sales Playlist.

Ich habe zu danken, es hat mir sehr viel Spaß gemacht. Ich habe „Happy“ von Pharrel Williams gewählt, weil ich finde, dass dieser Gute-Laune-Song gut zu mir passt.

Liebe Rocking Sales Leser, Ihr möchtet mehr über Angelika Wehage erfahren? 
Dann besucht sie doch gerne hier. 
Ihren Song findet ihr übrigens in unserer Spotify-Playlist.
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Ich freue mich auf dich.

Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
hermina.deiana@marketdialog.com
+49 (0) 6196-7695-183

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