Enfant terrible des Sales
Enfant terrible des Sales
Sascha Albrink klingt in unserem Gespräch wie ein Enfant terrible des Sales. Im Alter von neun Jahren begann er seine Vertriebskarriere auf Wochen- und Trödelmärkten. Während seiner Ausbildung zum IT-Systemkaufmann baute er als Vertriebs-Autodidakt seinen Ausbildungsbetrieb mit auf und brachte ihn von drei auf 36 Mitarbeiter. Bei der Citibank perfektionierte er sein Verkaufstalent, und seit 2008 unterstützt der Gründer und Geschäftsführer der sixclicks GmbH Unternehmen erfolgreich mit der Methode, die manche eher oldschool finden – “Frage deine Kunden.”
Schön, dass du Zeit für unser Gespräch gefunden hast, lieber Sascha. Erzähle mir von deinem Werdegang.
Ich wurde mit neun Jahren zum Vertriebler (lacht). Mein Vater handelte mit Comics auf dem Wochenendmarkt. Ich habe die Comics der Kinder auf Trödelmärkten eingekauft und sie dann meinem Vater verkauft – und beim Ein- und Verkauf gut verhandelt (lacht). Das waren meine ersten Schritte im Vertrieb. Mit 13 Jahren hatte ich meinen eigenen Stand auf einem Trödelmarkt. Natürlich hatten meine Eltern diesen Stand. Aber sie haben es sich so anfühle lassen, als wäre es mein eigener.
Cool. Dann warst du schon früh ein kleiner Unternehmer.
Das hat mich natürlich geprägt, und es hat mir sehr viel Spaß gemacht.
Wie ging es weiter?
2001 habe ich eine Ausbildung zum IT-Systemkaufmann begonnen. Dort begann ich, Websites für unsere Kunden zu erstellen. Das lief so gut, dass ich mich noch während der Ausbildung (2002) selbstständig gemacht habe. Zu dieser Zeit habe ich die Websites pauschal für 250 Euro an meinen Arbeitgeber verkauft, und er hat sie dann für 2.500 Euro an seine Kunden weiterverkauft.
Wie alt warst du zu dieser Zeit?
Ich war 21. Neben der Erstellung der Websites habe ich den Vertrieb in meinem Ausbildungsbetrieb ausgebaut. Als wir gestartet sind, waren wir zu dritt: die Mutter meines Arbeitgebers, mein Arbeitgeber und Ausbilder und ich. Ich war bei unseren Kunden vor Ort, habe Potenziale entdeckt und ihnen verkauft, was aus meiner Sicht fehlte. Als ich 2004 meine Ausbildung abgeschlossen habe, waren wir auf 36 Mitarbeiter gewachsen. Scheinbar habe ich gute Verkaufsskills (lacht).
Hat dein Arbeitgeber deine Leistung honoriert und geschätzt?
Ich habe meine Ausbildung dort abgeschlossen. Das Angebot, das mir daraufhin unterbreitet wurde, war richtig hanebüchen – vor allem in Anbetracht dessen, dass ich das Unternehmen mit aufgebaut hatte. Ich wollte Geld verdienen, und da meine Cousine damals Bankdirektorin war, hat sie mir einen Job bei der Citibank im Credit Card Sales angeboten. Dort habe ich Umschuldungen von Kreditkarten am Telefon verkauft. Da habe ich wirklich verkaufen gelernt.
„Einwandbehandlung, Vorwandbehandlung, Gesprächspsychologie,
Fragetechniken, Alternativfragen, Suggestivfragen – das sollte jeder, der im
Vertrieb arbeitet, mal gemacht haben.“
Hattet ihr Coaches?
Wir hatten immer einen Side-by-Side-Coach. In Echtzeit haben sie regelmäßig in die Calls mit reingehört. Danach wurde man zum Coaching geholt, und die Gespräche wurden ausgewertet. Einwandbehandlung, Vorwandbehandlung, Gesprächspsychologie, Fragetechniken, Alternativfragen, Suggestivfragen – alles, was nötig war, um die Mitarbeiter top für den Telefonverkauf auszubilden. Das sollte jeder, der im Vertrieb arbeitet, mal gemacht haben.
Was ist aus deinem Webseiten-Business geworden?
Ich habe es wieder aufgenommen, nachdem ich die Citibank verlassen hatte – mit einer weiteren neuen Idee: kaufe-dein-logo.de kam dazu, denn ich hatte immer schon ein Faible für Design. Ich habe mir Hunderte von Logo-Vorlagen gebaut, die ich kleinen und mittelständischen Unternehmen angeboten habe. An guten Tagen habe ich über 15–20 Logo-Aufträge am Tag über logo.de realisiert.
Wow! Business fließt durch deine Venen (lacht). Es macht mir gerade richtig viel Spaß, dir zuzuhören.
Parallel zu dieser Phase habe ich noch ein zweites Unternehmen gegründet – zusammen mit einem meiner besten Freunde. Wir haben eine digitale Bewerbungsmappe entwickelt. Die Idee war super, aber wir wollten alles bootstrapped machen und haben mangels Kapitals das Unternehmen vor die Wand gefahren.
Wann hast du sixclicks gegründet?
Die sixclicks gibt es seit 2008. Zu dieser Zeit war Onlinemarketing fast ausschließlich Suchmaschinenoptimierung. Social Media, Displaywerbung, Retargeting, CRM- und Affiliate-Marketing wurden seit 2008 Stück für Stück, zumindest in Deutschland,ausgebaut.
Wie hast du die neuen Entwicklungen und Produkte gelernt?
Ich folge intensiv 3–4 Business-Influencer aus dem amerikanischen Markt, die aus meiner Sicht Vorreiter sind und für Google, Microsoft und sehr große Companies arbeiten. Sie kommunizieren und erarbeiten Frameworks. Ich habe diese neuen Entwicklungen für den deutschen Markt adaptiert. Vor zwei Jahren habe ich mein eigenes Revenue- Marketing-System entwickelt, das im B2B-DACH-Markt wunderbar funktioniert. Dazu habe ich mir die Rosinen aus mehreren Frameworks herausgepickt und stelle sie KMUs zur Verfügung.
Gib mir mal bitte einen Case von dem, was du heute machst.
Ein klassischer Case ist, dass ein Unternehmen zu uns kommt, weil es mit seinen Marketingmaßnahmen keinen Erfolg hat. Es investiert hohe Summen in Werbung – ohne Return on Investment.
Von welcher Art Werbung sprechen wir konkret?
Google- oder Facebook-Ads oder LinkedIn. Wir machen dann zuerst ein sogenanntes Audit, schauen, was in den Werbesystemen los ist. Schnell stellen wir fest, dass die Unternehmen auf Zielgruppen werben, die überhaupt nicht zu ihrem Unternehmen passen. Sie buchen Keywords ein, die so weit vom Produkt entfernt sind, dass es einfach Geld-Verbrenner-Kampagnen sind. Auf die Frage, ob sie ein ideales Kundenprofil definiert haben, hören wir Antworten wie: “Wir möchten Unternehmen ab einem Umsatz von 1 Mio. Euro erreichen.”
„Wenn du alle erreichen willst, erreichst du gar keinen.“
Sind ja nur ein paar (lacht).
Wenn du alle erreichen willst, dann erreichst du gar keinen. Unser Ansatz basiert eben nicht darauf 100.000 Euro Werbebudget für post & pray Spiele in die Hand zu nehmen (lacht). Wenn wir nur genug Geld in Werbung investieren, wird schon irgendwann Umsatz herauskommen. So denken erstaunlich viele. Wir hingegen sprechen persönlich mit den Kunden unserer Kunden und erstellen ein tragfähiges Fundament, indem wir O-Ton Aussagen über ihre Pain Points, Wünsche und Einkaufsstrategien liefern.
„Jeder verkauft oder wendet vornehmlich an, was
er vermeintlich am besten kann.“
Das interessiert mich. Erzähl mir bitte mehr dazu.
Normalerweise ist es so, dass Menschen, die im Marketing arbeiten, auf Basis ihrer eigenen Skills Kampagnen entwickeln. Das heißt, wenn du gut telefonieren kannst und gut Briefe schreiben kannst, dann würdest du wahrscheinlich viel Telefonie und viel Briefe in deine Strategie einbauen, weil du deine Skills benutzen würdest. Das passiert nicht nur in Firmeninternen Marketingteams, sondern auch bei Agenturen. Jeder verkauft oder wendet vornehmlich an, was er vermeintlich am besten kann.
Du meinst, man verkauft einfach das, was man am besten kann, nicht was sich am besten eignet?
Die meisten vermuten nur, wo ihre potenziellen Kunden sein könnten. Unser Ansatz startet mit Kundengesprächen. Wir wollen wissen: wo konsumierst du bisher? Wie willst du konsumieren? Liest du gerne Blogbeiträge? Schaust du gerne Videos? Welche Formate interessieren dich? Wie kommunizierst du am liebsten? Bist du gerne auf LinkedIn unterwegs? Auf Auswertung dieser Informationen, bauen wir ein System, das die Kundenwünsche erfüllt und suchen uns dann die Leute, die dieses System am besten bedienen können.
Wir reden hier von B2B und ihr sprecht mit den Kunden eures Kunden, richtig?
Genau. Wenn du jetzt beispielsweise Kunden hast, würde ich mit deinen Kunden sprechen und sie fragen, wie sie am liebsten deine Leistungen einkaufen.
OK und das machst du mit welchen Tools? Online? Am Telefon?
Das machen wir per Video-Calls. Die Basis ist, sprich mit deinen Kunden. Das ist die ganze Story.
„Alle suchen nach dem nächsten geilen Hack, wie sie
ihr Sales verbessern können.“
Das ist aber nicht wirklich neu. Ohne überheblich wirken zu wollen, das haben wir schon vor über 30 Jahren so gemacht.
Ja, richtig, es ist nicht neu. Neu ist nur, dass es niemand mehr macht (lacht). Alle suchen nach dem nächsten geilen Hack, wie sie ihr Sales verbessern können. Der beste Hack ist einfach mit deinem Kunden zu sprechen, wie er eigentlich dein Produkt kaufen will. Aus welchem Grund auch immer, denkt da niemand dran, weil die Agenturen und Dienstleister, die Vertrieb- und Marketingmaßnahmen verkaufen, nur mit ihrem eigenen Skill Set unterwegs sind.
Sie haben im Vorfeld für den Kunden entschieden, und Vertriebswege definiert, ohne ihn, den eigentlichen Protagonisten, zu fragen. Und jetzt hat der Kunde sich an sie anzupassen, statt umgekehrt. Auf dieser Ausgangssituation basiert euer Ansatz, richtig?
Genauso. Wir analysieren in unseren Projekten wie dein Kunde kaufen möchte. Wenn dabei herauskommt, dass wir mit sixclicks die Anforderungen deiner Kunden nicht erfüllen können, dann müsst ihr im Nachgang andere Experten beauftragen. Es ist schon vorgekommen, dass unser Kunde fragte, was mit uns nicht stimmen würde, dass wir ihm nichts weiterverkaufen möchten. Wenn das Ergebnis unserer Analyse besagt, dass wir die benötigte Leistung nicht im Portfolio haben, weil der Zielkunde Videos auf Youtube, die das Produkt erklären für seine Kaufentscheidung bevorzugt oder gerne auf Messen kauft, weil er den persönlichen Kontakt braucht oder die Produkte live sehen möchte, dann brauchen sie eine Videoagentur und eine Messeagentur. Wir können bloggen, wir können Content Marketing, wir können LinkedIn, wir können Google Ads, die spielen aber keine Rolle im bevorzugten Kaufprozess bei deinem Kunden. Dann höre doch auf dein Geld zu verbrennen in einem Kanal, wo wir jetzt wissen, dass dein Kunde sich nicht aufhält.
Cooler Ansatz ich muss sagen. Nichts Neues, aber doch ganz neu. Habt ihr ein konkretes Fragekonzept?
Das Modell ist die Kundenreise, also Customer-Journey. Auch nichts Neues. Wir arbeiten mit den zwei Frameworks „Jobs to be done“ von Tony Ulwick und „Five rings of buying insight“ von Adele Revella, der godmother of buyer personas, wie ich sie gerne nenne. Sie schafft es mit 12 Kundengesprächen alle entscheidenden Fragen zu beantworten. Ich habe es in keinem Projekt mit 12 geschafft, in der Realität machen wir bis zu 36 Interviews. Adeles Buch ist 15 Jahre alt und die B2B Komplexität hat stark zugenommen.
Ich habe Adele Revellas Buch nicht gelesen. Um welche Fragen geht es konkret.
In ihrem Buch geht es um die 5 relevanten B2B Ringe: Investitionsauslöser, Erfolgsfaktoren, typische oder wahrgenommene Hürden, Weg der Kaufentscheidung und Entscheidungskriterien. Nach 36 Kundengesprächen auf Basis dieser 5 Ringe wird schnell klar, wo sich die Leute informieren, was sie benötigen, um eine Entscheidung zu treffen, wer bei Entscheidungen mit am Tisch sitzt, mit welchen Problemen sie konfrontiert sind und wie derjenige, der die Lösung initial ins Unternehmen bringen möchte, die Mitarbeiter und Entscheider überzeugen kann.
„Häufig ist der Wunschkunde unseres Kunden, gar nicht ihr Idealkunde.“
Clever. Und dein Kunde trifft eine Auswahl an mindestens 36 Kunden, mit denen ihr das Gespräch für ihn führt.
Der Kunde stellt uns 100 seiner Wunschkunden für die Gespräche zur Verfügung. Wir unterbreiten im Gegenzug unseren Vorschlag für die ersten 12 Calls und das sind meistens nicht jene, die der Kunde gerne hätte. Häufig ist der Wunschkunde unseres Kunden, zum Beispiel großes Logo, viel Umsatz, superkomplexe Produkte, etc. Das ist aber meistens gar nicht ihr Idealkunde. Sehr oft ist der weniger komplexe Kunde viel besser, weil mit ihm der Deckungsbeitrag höher liegt und es bis zur Kaufentscheidung nicht so unglaublich lange Prozesse erfordert. Unsere Aufgabe besteht darin, gemeinsam das ideale Kundenprofil zu erarbeiten. Konzerne drehen jeden Cent dreimal um, alles muss auf Effizienz getrimmt sein, ein großes Team entscheidet in mehreren Stufen und allein die Zeit, die du investierst, bis es endlich zum Abschluss kommt, hat deinen Gewinn fast schon gefressen. In der Zwischenzeit hättest du mehrere mittelständische Unternehmen gewinnen können, weil dort die Entscheider pragmatischere Ansätze verfolgen. Wir setzen dieses Projekt in 12-er Schritten um, gleichen die Gespräche miteinander ab, bis wir 36 Kundengespräche geführt haben. Damit haben wir für den ersten Step ausreichend Insights gewonnen.
Was ist, wenn sich die Wünsche der Kunden sehr stark differenzieren?
Das Interessante ist, wenn du vorher ein ideales Kundenprofil definierst, ist die Differenzierung in den Gesprächen gar nicht mehr groß. Die Menschen unterscheiden sich nicht großartig, im Prinzip ticken alle ähnlich und kaufen auch ähnlich ein. Nehmen wir zum Beispiel ein Unternehmen mit 500 Mitarbeitern mit einem Jahresumsatz von 50.000.000 Euro. Dieses Unternehmen hat eine Sales-Organisation und eine Marketing-Organisation mit im Schnitt 10 Mitarbeitern, die in immer gleichen Prozessen ihre Dienstleister einkaufen.
Wie reagieren deine Kunden, wenn die Ergebnisse aus euren Gesprächen ganz anders ausfallen als erwartet?
Der Köder muss dem Fisch schmecken und nicht dem Angler. So bescheuert dieser Spruch auch sein mag, er passt einfach. Wenn herauskommt, dass der Kunde mit der Webseite nicht zurechtkommt, diese aber grundsätzlich gerne nutzt, dann erreichen uns Argumente wie, wir haben doch gerade das Design optimiert, wieso sollen wir jetzt die Webseite nach dem Kunden ausrichten, sollen wir jetzt etwa von vorne anfangen, das ist doch voll oldschool was der Kunde will, das passt nicht zu unserem Image, etc. Es gibt nur eine Antwort darauf: möchtet ihr Umsatz machen oder nicht? Versteht, dass da ein Mensch sitzt, der eine Entscheidung trifft. Zumindest noch (lacht).
Sascha, vielen Dank, ich hatte richtig Spaß mit dir. Das war ein tolles Gespräch. Zum Abschluss wünsche ich mir noch deinen Sales Rocker Song bitte.
Danke dir Hermina für die Einladung. Mein Song ist von Sarah Connor „Hör auf deinen Bauch“.
Liebe Rocking Sales Leser, Ihr möchtet mehr über Sascha Albrink und sixclicks erfahren?
Dann besucht ihn doch gerne hier.
Seinen Song findet ihr übrigens in unserer Spotify-Playlist.
Jetzt reinklicken, stöbern und alle Lieblingslieder unserer Sales-Experten anhören!
Neuste Beiträge
Enfant terrible des Sales
Die diplomatische Strippenzieherin
Gamification im Vertrieb: Performance-Steigerung durch spielerische Elemente
Sprachassistenten und Conversational AI im Vertrieb
Elektromobilität und Vertrieb: Wie Autohersteller ihre Zielgruppen neu definieren müssen
Generation Z als Entscheidungsträger: So verändert sich der B2B-Vertrieb
Simplifiziererin redet Klartext
Vertrieb in der Supply-Chain-Krise: So sichern Industrieunternehmen ihren Absatz
Mirjam Berle
Vera Peters
Lily Mizani
Oliver Wieser
Patric Weiler
Ich brenne darauf eure Expertise und Erfahrungen im Vertrieb zu erfahren und auf unserem Rocking Sales Blog zu veröffentlichen. Nach einem kurzen Kennenlerntelefonat vereinbaren wir einen Termin für einen Video-Call und führen ein entspanntes, einstündiges Gespräch. Anschließend schreibe ich euren Beitrag und wir posten diesen über unsere Social Media Kanäle.
Ich freue mich auf dich.
Hermina Deiana | Public Relations Consultant MarketDialog GmbH
hermina.deiana@marketdialog.com
+49 (0) 6196-7695-183
Enfant terrible des Sales Weiterlesen »